16. – 23.07.2017 Alpentour von Scharnitz zum Halleranger: Von Ballermann bis Burka Andreas Kuhrt + Manuela Hahnebach (Fotos)
Mitte Juli 2017 haben 5 Suhler DAVler (Manu, Klaus, Robert, Udo, Andreas) 5 Tage Heinz Zaks „Zentrum des Karwendel-Universums“ erkundet. Am Tag unserer Abfahrt steckten just die Karwendel-Tourtipps von Heinz Zak im „Panorama“ im Briefkasten, so dass wir mit Empfehlungen aus erster Hand unsere Tour von Scharnitz (gleich hinter der deutsch-österreichischen Grenze) beginnen konnten.
Die 450 km von Suhl bis Scharnitz musste Udo aber nicht im Kofferraum zubringen, sondern nur die letzten 16, die wir mit dem Bergtaxi vom Gasthof „Ramona“ in Gießenbach zur „Kastenalm“ im Hinterautal des Isar-Ursprungs gebracht wurden. Auf der Piste dahin hätte man an einem schönen Sonntag wie dem 16. Juli sowieso nur den hunderten Radfahrern auf diesem Bikerhighway aus dem Weg springen müssen.
Hallerangeralm – Sunntiger
Rechts neben dem Kastenalm-Biker-Biergarten zweigt der ab hier etwas steilere und dadurch plötzlich fahrradfreie Weg am Lafatscher Bach zum Halleranger ab. Die gut 5 km zur 1775 m hoch gelegenen Alm durch schöne Wald- und Wiesenlandschaft mit tollem Panorama der umliegenden Bergwelt (so um 2500 m) kann man in 1,5 Stunden schaffen, wenn man nicht so viel fotografieren würde. Die Hallerangeralm ist eine Hochweide für Schafe und Rinder, seit 1830 im Familienbesitz der Schallharts aus Scharnitz (die auch sonst noch allerlei Geschäfte betreiben). Seit 1920 gab’s an der Hallerangeralm ein Gasthaus, das seit 1983 von Evelyne & Horst Schallhart im Sommer als private Bergunterkunft mit knapp 70 Schlafplätzen betrieben wird. Wir hatten 3 schöne, ruhige Zimmerchen im Gästehaus (mit vielleicht 20 Gästen) und waren sehr zufrieden mit unserem Wahl (Klaus), der diese Unterkunft ausgewählt hatte. Die andere mögliche Unterkunft, die nur 300 m entfernte Alpenvereinshütte Hallerangerhaus an der München-Venedig-Hauptstraße unterhielt die Gäste tagsüber durch Bauarbeiten für eine Erweiterung. Unser Wirt Horst, der „Ballermann vom Karwendel“ (das haben nicht wir uns ausgedacht), sorgte auch für Unterhaltung auf seine Art – durch viele mehr oder weniger tolle Sprüche. Seine Frau Evi war einfach nur sehr nett, das Essen war toll und das Bier landesüblich, schön flüssig…
Weil wir nachmittags noch Zeit hatten, haben wir noch den etwa 1,5-stündigen Aufstieg zur Sunntigerspitze gleich neben der Hallerangeralm gemacht. Über Latschenhänge und einen kurzen letzten Felsanstieg ging’s zum kleinen Gipfelkreuz auf 2321 m Höhe mit toller Aussicht auf die Felsstürze der Sonnen- (2665 m) und Birkkarspitze (2749 m, höchster Gipfel des Karwendel) im Norden und Speckkarspitze (2621 m) im Süden, die unser Ziel am nächsten Tag war. Auf dem Weg zum Sunntiger kamen wir auch einer kleinen Schafherde vorbei mit einem besonders süßen, zutraulichen braunen Wollknäuel, das mich beinahe adoptiert hätte. Die Aussicht abends von der Hallerangeralmterrasse ins Hinterautal war grandios, das Abendrot nach Westen eindrucksvoll, die kleine Kapelle der Schallerts auf dem Wiesenrücken neben dem Haus gab ein begehrtes idyllisches Fotomotiv ab und Klaus klampft in den Abend – was will man mehr.
Lafatscher Joch – Speckkarspitze – (Überschalljoch)
Am nächsten Tag war die Speckkarspitze unser Ziel: vorbei an der Hallenangerhausbaustelle und Heinz‘ Klettergarten an den senkrechten Schnitlwänden hoch zum Lafatscher Joch. Krasse Hardcorebiker trugen hier ihre Räder hoch und überholten uns sogar noch… Nach dem Pass ging’s durch den Speckkar-Westhang im felsigen Gelände immer steiler zum Gipfel der Speckkarspitze. Von 2621 m hatten wir bei schönstem Mützenwetter wieder tolle Ausblicke auf’s Karwendel und über’s Inntal zwischen Hall und Innsbruck bis zum Zillertaler Alpenhauptkamm . Der einzige Noch-Gipfelbesteiger kam gerade recht, um ein Foto von uns zu machen und war auch schon wieder weg, während wir uns in der Sonne ahlten. Nach 7 Stunden Berggenusstour waren wir wieder an der Hallenangeralm, hingen ein wenig in deren Hängematten ab und machten noch eine kleine Abendtour zum Überschalljoch. Da düsten aber keine Jets, sondern dösten nur ein paar Kühe, die keineswegs Überschallgeschwindigkeit erreichten, aber Interesse an Fototechnik hatten.
Wilde-Bande-Steig – Stempeljoch – (Pfeisspitze) – Pfeishütte
Am nächsten Tag wollten wir zur Pfeishütte umziehen, ein Weg von 30 km durch’s Hinterautal, wenn man Google glaubt. Aber es geht über das Lafatscher Joch auch kürzer, vielleicht 10 Kilometer. Aber erst mal mussten sich (vor allem die Männer) um zwei 18jährige Lindauer Mädchen (Isabella & ?) auf erster Bergtour nach Belluno kümmern und ihnen mit Rat und Äpfeln zur Seite stehn. Der Weiterweg führte über den aussichtsreichen Wilde-Bande-Steig durch ein krasses Schüttgutkar (das gerade durch Wegebauer „gefegt“ wurde) zum Stempeljoch. Robert und Udo wollten noch zur Pfeiser Spitze, wir zogen die Pfeiser Hütte mit ihrer verlockenden Sonnenterrasse und Hauswürsten an Kartoffelsalat, komponiert mit einer Hopfenkaltschale, vor. Abends nutzten wir eine Regenpause (inzwischen war’s etwas schaurig geworden) zur Gämsenbeobachtung am Hermann-Buhl-Weg oberhalb der Hütte.
(Rumer Spitze) – Hermann-Buhl-Weg – Gleirschjoch – Möslalm
Neuer Tag, neues Glück: allerdings mit Grummeln im Hintergrund und blauen Flecken auf der Wetter-App. Weil die Pfeishütte ausgebucht und ganz schön hektisch war, wollten wir zur Möslalm im Gleirschtal absteigen. Robert & Udo wollten noch mit einer Überquerung der Rumer Spitze als Gewitterhelden in die Bergwanderwalhalla eingehen. Wir nahmen den kürzeren Hermann-Buhl-und-zugleich-Goethe-Weg über die Berge, die alle irgendwas mit Gleirsch heißen. Die Bergkette zieht sich nördlich entlang des Inntals mit fantastischen Ausblicken auf das Zugspitzgebiet einerseits und Innsbruck und den gegenüberliegenden Alpenhauptkamm im Brennergebiet andererseits. Bis auf ein paar kleine Schauer sind wir mit einem blauen Wetterappauge davongekommen und konnten durch Blumenwiesen und Latschenwälder ins idyllische Angerbachtal absteigen, wo es außer uns nur Schmetterlinge, ein paar Kühe und einen mopedberittenen Cowboy gab. Irgendwann haben wir zufällig Robert & Udo im Eilmarschmodus getroffen und sind zur Möslalm gekommen, wo Klaus schon mal die Haussülze getestet hatte.
Die Möslalm, seit 80 Jahren von der Familie Kirchner aus Arzl in dritter Generation von der Stadt Innsbruck gepachtet, ist absolut 1. Wahl. Gut, sie liegt auf 1260 m schon ganz schön tief mit ziemlich weiten Wegen zu den Bergen wie Hippenspitze, Frau Hitt oder Hoher Gleirsch. Aber das Lager mit 30 Plätzen ist klein und fein und wenig belegt, Birgit Kirchner ist sehr nett und die hausgemachten Fleisch- und Milchspezialitäten sind erstklassig – ich sage nur Lammkoteletts mit Salatteller und Schokopudding mit Eierlikör… Eigentlich ist die Möslalm ja eine Tierwirtschaft und Sennerei mit 200 Rindern, 30 Schafen und 10 Schweinchen. Auch die tierischen Gäste haben’s richtig gut da, wenn es nach den vielen Auszeichnungen geht. Meine Favoriten waren die Schweinchen, die ihren Schweineparadieswald mit eigenem Pool lustvoll umgegrubbert haben und sich sauwohl fühlten.
Gleirschklamm – Scharnitz
Am nächsten Tag sind wir weiter runter gegleirscht: es ging am eher trägen Gleirschbach immer talabwärts bis er sich in der Gleirschklamm durch Felsengen zur Isar zwängt. Die Klamm ist ganz schön, naturbelassen, mit Wasserschnellen und ein paar -fällen, nicht unbedingt aufregend (außer den blutgierigen Bremsen). Kurz vor Scharnitz verabschiedeten wir uns von Klaus, Robert und Udo, die heimwollten. Wir genossen noch die Tiroler Gastlichkeit aus der Miniküche der Scharnitzer Alm und erholten uns von den „Anstrengungen“ der letzten Tage in der neuen Kneippanlage (nicht, was ihr denkt, sondern Wassertreten und Armtauchbecken).
Die Restwoche
waren wir noch im Karwendelcamp beim Schallhart-Junior Johann: zur Abwechslung mal eine Fahrradtour entlang der Isar zur Leutaschklamm, zum Lauter- und Ferchensee (schöne Badestellen), Schloss Elmau (elitäres Kurhotel, Zugang nur für Hausgäste, wenigstens Porsche-Fahrzeugbrief erforderlich), Das Kranzbach (noch so eins, aber viel preiswerter, wurde uns versichert, 200-400 €/Nacht), nach Klais und Mittenwald (viel Kitsch, viele Kneipen). Auf Wunsch einer einzelnen Dame waren wir noch auf Marillen-Jagd. Weil Wachau oder Vintschgau aber gerade nicht um die Ecke lagen, kamen wir nur bis zur Markthalle in Innsbruck (die Marmelade schmeckt trotzdem).